Freitag, 3. November 2006

Bewegungsmelder

Präsentationen und Podiumsdiskussion

Choreografische Recherchen und Theaterprojekte
zum Thema Überwachung und Kontrolle im öffentlichen Raum

Samstag 11. Nov. // 14.30 - ca. 17.30 Uhr
Festivalzentrum im theater fact, Hainstraße 1/Barthels Hof, 04109 Leipzig
Eintritt frei


Konzeption und Moderation: Michael Freundt (ITI) und Henning Fülle, Berlin

Veranstaltet durch das internationale Theaterinstitut (ITI), Berlin,
in Zusammenarbeit mit der euro-scene Leipzig

Zwei Gesprächsrunden / Präsentationen:

I. Technik - Wissenschaft - Politik:
Leon Hempel, Berlin, Zentrum Technik und Gesellschaft, Technische Universität Berlin
Wolfgang Gunkel, Berlin, Mitglied des Deutschen Bundestages, Polizeipräsident a.D.
Michael Arzt, Leipzig, Leipziger Kamera - Initiative gegen Überwachung;

II. Künstlerische Ansätze:

Olaf Arndt und Janneke Schönenbach, Berlin, Künstlergruppe BBM und Initiator des Projekts TROIA;
Torsten Michaelsen, Hamburg, Mitglied der Künstlergruppe LIGNA
Jill Magid, New York, Performerin

Überwachung und Kontrolle des öffentlichen Raumes sind - nicht nur in Leipzig - allgegenwärtig, scheinen die Menschen aber nicht wirklich zu betreffen. Auch massenhafter Datenmissbrauch macht keinen Skandal. Dass die Vernetzung unseres Lebens mit den Daten von Bewegungen, Telefonaten, Konten unser Leben beeinflusst, werden die eingeladen Experten vermitteln. Noch spannender wird die Frage, wie Theaterkünstler diese fast unsichtbaren Veränderungen reflektieren - nicht plakativ-politisierend, sondern gewitzt, spielerisch, facettenreich.


Wolfgang Gunkel, MdB und Vorsitzender des Arbeitskreises Innere Sicherheit der SPD Sachsen, Polizeipräsident a.D.
Er wird mit der Erfahrungen der Polizeiarbeit und aus der Perspektive der Politik über Maßgaben der Sicherheit, über Notwendigkeit und Grenzen des Sammelns von personenbezogenen Daten und der Kontrolle öffentlicher Räume sprechen.

Dr. Leon Hempel, Wissenschaftler am Zentrum für Technik und Gesellschaft, Technische Universität Berlin. Der promovierte Germanist hat sich im Rahmen des Forschungsprojekt Urbaneye (www.urbaneye.net) mit der Ausbreitung, den sozialen Folgen und der Akzeptanz von Videoüberwachung befasst. Er ist Mitherausgeber des suhrkamp-Bandes Bild-Raum-Kontrolle. Aktuell evaluiert er das Pilotprojekt zur 24-Stunden-Videoaufzeichnung der BVG.
Leon Hempel wird über technische Machbarkeit von Videoüberwachung, anderer Datenerfassungen und den Effekten der Vernetzung verschiedener Datenquellen berichten.
www.ztg.tu-berlin.de

Michael Arzt, Leipzig, Mitinitiator der Leipziger Kamera - Initiative gegen Überwachung.
Die Initiative beschäftigt sich mit Überwachung und sozialer Ausgrenzung in Leipzig. Sie hat fast 700 Kamerastandorte in der Leipziger Innenstadt kartographiert und im Internet publiziert, Vortrags- und Filmreihen veranstaltet und mit kritischen Stadtführungen, dem "Erich-Mielke-Gedächtnispreis" (2003/06) und weiteren Aktionen auf die Überwachungssituation in Leipzig aufmerksam gemacht. Seit April 2006 engagiert sie sich in einer von vielen PolitikerInnen, Kulturschaffenden u.a. unterstützten Kampagne gegen das Leipziger Pilotprojekt zur stationären Videoüberwachung durch die Polizei (seit 1996).
http://leipzigerkamera.twoday.net


Olaf Arndt und Janneke Schönenbach, Berlin, sind Mitglieder der Künstlergruppe BBM (Beobachter der Bediener von Maschinen), eines ihrer wichtigsten Projekte war und ist das von Kultur 2000 geförderte pan-europäische Projekt TROIA. Ein Buch, ein Radiohörspiel und ein Theaterstück mit dem Titel "Demonen" thematisieren Entwicklung und Einsatz so genannter nicht-tödlicher Waffen.
www.bbm.de

Torsten Michaelsen
, Hamburg, ist Mitglied der Künstlergruppe LIGNA; eines der wichtigsten Projekte vom LIGNA im performativen Bereich war das Radioballett, aufgeführt im Hamburger Hauptbahnhof und im Leipziger Hauptbahnhof (2003).
www.fsk-hh.org


Jill Magid lebt, lehrt und arbeitet in New York, ihre Ausbildung als bildende Künstlerin erhielt sie in Italien, den USA (New York und Cambridge/Massachusetts) und den Niederlanden. In ihren Performances in Brasilien, den Niederlanden, England und den USA spielt sie mit dem besonderen Verhältnis zwischen der Beobachteten und dem Beobachter am Monitor.
So ist die Videoperformance Evidence Locker, das Ergebnis eines Aufenthalts in Liverpool im Jahr 2004 und ihrer Zusammenarbeit mit Citywatch, einem stadtweiten Überwachungssystem der Merseyside Police und des Liverpool City Council), der größten Anlage dieser Art in England. Angetan mit einem leuchten roten Mantel war sie auf den Überwachungsmonitoren leicht zu entdecken und konnte die Polizei per Telefon bitten, sie in bestimmten Posen zu filmen oder sie als Läuferin mit geschlossenen Augen durch die Stadt zu leiten.
Um in der Folge das Videomaterial zu erhalten, musste sie 31 formale Anträge stellen, die sie wie Liebeserklärungen an ihre Überwacher formulierte. 31 Texte, aus denen ein Tagebuch ihrer Beziehungen zur Stadt und zu ihren Beobachtern wurde.
Bei System Azure, ihrer Installation von 2002, bei der sie die Überwachungskamera des Amsterdamer Polizeipräsidiums mit Strass-Steinen verziert. Obwohl die Polizei diesem Ansinnen skeptisch gegenüber stand, verblieben die geschmückten Kameras an ihrem Ort.
www.jillmagid.net


Henning Fülle ist freier Dramaturg in Berlin. Er war nach Studium und Lehrerausbildung zunächst in der politischen und kulturellen Erwachsenenbildung tätig. Anfang der Neunzigerjahre realisierte er einen lang gehegten Wunsch und wurde nach einer zweijährigen 'Lehrzeit' als Regieassistent Dramaturg und Kultur- und Theaterproduzent in Berlin. Nach mehreren Projekten, u.a. für die Berliner Festspiele, ging er als Dramaturg zu Kampnagel nach Hamburg (1997 - 2001) und ist seither wieder freischaffender Dramaturg in Berlin.
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