Montag, 13. Februar 2006

[DEL]+[CTRL] - Videoüberwachung, Stadtraum und Protest

3 Tage Filme und Vorträge im Rahmen der Kampagne „10 Jahre sind genug – Schluss mit der polizeilichen Videoüberwachung öffentlicher Plätze“

Ort: Cinemathèque in der naTo , Karl-Liebknecht-Str. 48, 04275 Leipzig
Zeitraum: Mittwoch, 29. März, bis Freitag, den 31.März 2006


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1. Tag // Maximum Surveillance Society – Videoüberwachung
Mi, 29. März
19 Uhr
Vortrag: Die 1.000 Augen des Dr. Mabuse – Panoptismus, soziale Ordnung und Selbstregierung.
Referent: Aldo Legnaro (Köln/Hamburg), freier Sozialwissenschaftler.

Videoüberwachung wurde mit dem Versprechen höherer Sicherheit eingeführt und mündete schließlich in die Abschottung kommerziell verwertbarer Stadtbereiche, computergesteuerte Personenverfolgung und automatisierte Verhaltenserkennung. Wie gestaltet sich diese „Sicherheitsgesellschaft“, die von vielen Netzwerken kleiner Brüder durch- und überzogen wird, in der Tausende elektronische Augen beobachten? Eines steht fest: die Selbstdisziplinierung der Subjekte ist fest einkalkuliert.
Aldo Legnaro, freier Sozialwissenschaftler. Er war von 1997 bis 2002 Geschäftsführer des Instituts für Sicherheits- und Präventionsforschung Hamburg. Arbeitsschwerpunkte: Soziologie der Kontrollgesellschaft, Konformität und abweichendes Verhalten, sozialhistorische Drogenforschung, Rechtssoziologie.

21 Uhr
Film: Der Riese
D 1982/83, 82 min
Ein Essayvideo von Michael Klier über Videoüberwachung im öffentlichen Raum.
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Ein Essayvideo über Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Michael Klier verwendet dokumentarisches Material aus Überwachungskameras von öffentlichen Straßen, Plätzen, Einkaufspassagen und Transiträumen wie Flughäfen und Bahnhöfen. Durch die Verknüpfung verschiedener Aufnahmen im realistischen Stil entsteht der Eindruck eines zentralen Überwachungsapparates als anonymes, mächtiges Subjekt, das allgegenwärtig alles sieht, aber selbst nicht gesehen werden kann.


2. Tag // Reclaim the City – Stadtraum und Macht
Do, 30. März
19 Uhr
Vortrag: Politik der privilegierten Orte. Überwachen und Verdrängen in der unternehmerischen Stadt.
Referent: Klaus Ronneberger (Frankfurt am Main), freier Sozialwissenschaftler.

Neue und alte Praktiken und Technologien sozialer Kontrolle verdichten sich in einer Stadt und verstärken sich gegenseitig. Während die Stadtpolitik vermehrt auf Privatisierung und Imagepflege zur Anwerbung von Investitionen, KonsumentInnen und TouristInnen setzt, vollzieht sich ein Wandel der Stadt als Lebensraum. Es kommt zum Ausschluss und zur verstärkten Überwachung marginalisierter sozialer „Problem“-Milieus. Videoüberwachung flankiert dabei eine Vielzahl unterschiedlichster Ordnungs-Akteure.
Klaus Ronneberger, freier Sozialwissenschaftler. Er war Mitarbeiter am Institut für Sozialforschung in Frankfurt am Main. Arbeitsschwerpunkte: öffentlicher Raum, urbane Konsumtion, innere Sicherheit.

21 Uhr
Film: La mort en direct – Der gekaufte Tod,
D/F 1979/80, 115 min
Spielfilm mit Romy Schneider und Harvey Keitel von Bertrand Tavernier.
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In einer Stadt der Zukunft, wo der Tod durch Krankheit kaum mehr vorkommt, sind die TV-Gewaltigen auf eine zynische Idee gekommen: Sie bieten ihren Zuschauern die Möglichkeit, einen wirklichen Tod absolut lebensecht mitzuerleben. Der Reporter Roddy (Harvey Keitel), an dessen Sehnerven eine Miniaturkamera angeschlossen ist, verfolgt eine todgeweihte Person bei ihren letzten Schritten. Die Ängste und Verzweiflung der Kandidatin (Romy Schneider), welche die Kamera aufzeichnet und allabendlich über die Fernsehgeräte verbreitet, lassen die Einschaltquoten steigen. Doch Roddy verliebt sich in sein Objekt und wehrt sich gegen seine Funktion.

3. Tag // Actions Speak Louder Than Words – Protest und Widerstand im städtischen Raum

Freitag, 31. März
19 Uhr
Podiumsgespräch mit urbane panik (Hamburg), Innen!Stadt!Aktion! (Berlin).

Die zunehmende Überwachung des Alltagslebens und Repression gegen Minderheiten vollzieht sich weitestgehend unbemerkt und oft sogar gebilligt von der Öffentlichkeit. Ansätze zu Protest gab es in der Vergangenheit bei einzelnen, aber weltweit vernetzten AktivistInnen, KünstlerInnen, HackerInnen. Bieten ihre Aktionen Anknüpfungspunkte für einen breiteren Protest? Sollte sich die Linke das Thema und den Gegenstand Stadt aneignen, um wieder handlungsfähig zu werden?
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Kurzfilme: Nichts ist mehr sicher! (Irene Bude, Olaf Sobczak, D 2001, 6 min), Alles muss raus! (Irene Bude, Olaf Sobczak, D 1999, 40 min), 1984 ( NYC Surveillance Camera Players, USA 1998, 8 min), Attention! Tous vos faits et gestes sont surveillés (François Morel, F 1998, 4 min), In the Event of Amnesia the City Will Recall (Denis Beaubois, D/AUS 1997, 8 min), A -Clip (A-Clip, D 1998/99, ca. 10 min).


In Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk Weiterdenken e.V. in der
Heinrich-Böll-Stiftung.
Wir danken der "AG Kommunales Kino - Cinémathèque Leipzig
e.V." für die freundliche Unterstützung.

Zur Kampagne:
10 Jahre sind genug! - Schluss mit polizeilicher Videoüberwachung öffentlicher Plätze
10 Jahre Banner
Anlässlich des 10. Jahrestages des Pilotprojekts zur polizeilichen Videoüberwachung öffentlicher Straßen und Plätze in Leipzig, dem 3 weitere Polizeikameras in Leipzig und 94 in der ganzen BRD folgten, starte die Leipziger Kamera eine Kampagne, die gegen den Einsatz von Videoüberwachung und die Vertreibung missliebiger sozialer Gruppen aus der Innenstadt protestiert. Die Kampagne beginnt mit 3 Tagen Vorträgen und Filmen unter dem Titel DEL+CTRL in der naTo, zu denen die Initiative SozialwissenschaftlerInnen und AktivistInnen eingeladen hat, die soziale Problematik und Protestperspektiven vorzustellen. Filme zum Thema bilden den kritisch-unterhaltenden Part.
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